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Aktuelles Arbeitsrecht

Einigung von Bundestag und Bundesrat über das neue Hinweisgeberschutzgesetz

Am 09.05.2023 hat der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat eine Einigung beim Whistleblowerschutz erzielt, die im Anschluss von Bundestag und Bundesrat angenommen wurde. Der Kompromiss enthält insbesondere Änderungen zu den Meldewegen für anonyme Hinweise, zu Bußgeldern und zum Anwendungsbereich des Gesetzes. Das Hinweisgeberschutzgesetz setzt die europäische Richtlinie (EU) 2019/1937 um und wird nach der Einigung im Gesetzgebungsverfahren voraussichtlich Mitte Juni 2023 in Kraft treten. Danach müssen insb. Unternehmen ab 50 Mitarbeitern/innen sichere interne Hinweisgebersysteme mit einem bestimmten Verfahren installieren und betreiben. S. hierzu die Pressemitteilung des Bundesrates, https://www.bundesrat.de/SharedDocs/pm/2023/005.html.

Hinweispflichten des Arbeitgebers bzgl. Urlaub II – Bundesarbeitsgericht, 31.01.2023, Az.: 9 AZR 85/22

Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers, der seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend arbeitsunfähig erkrankt war, erlischt am 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres auch dann, wenn der Arbeitgeber seine Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht erfüllt hat. Denn wer dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt ist, kann keinen Urlaub nehmen, und zwar auch dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Mitwirkungshandlungen vorgenommen hätte.

Hinweispflichten des Arbeitgebers bzgl. Urlaub I – Bundesarbeitsgericht, 20.12.2022 – Az.: 9 AZR 245/19 und 9 AZR 266/20

Wenn ein Arbeitnehmer in einem Urlaubsjahr nicht durchgehend arbeitsunfähig war, verfällt der Urlaubsanspruch aus diesem Jahr, der wegen Arbeitsunfähigkeit nicht genommen werden kann, nur dann nach Ablauf von 15 Monaten nach dem Ende des Jahres, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit in die Lage zu versetzt hat, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen (s. hierzu die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts, https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/verfall-von-urlaub-aus-gesundheitlichen-gruenden/). Dies gilt für die dreijährige Verjährungsfrist von Urlaubsansprüchen entsprechend: Diese beginnt erst und nur dann am Ende der Kalenderjahres, wenn der den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat (s. hierzu die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts, https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/verjaehrung-von-urlaubsanspruechen-2/).

Versetzung ins Ausland – Bundesarbeitsgericht, 30.11.2022 – Az.: 5 AZR 336/21

Der Arbeitgeber kann aufgrund seines arbeitsvertraglichen Direktionsrechts den Arbeitnehmer anweisen, an einem Arbeitsort des Unternehmens im Ausland zu arbeiten, wenn nicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich oder den Umständen nach konkludent etwas anderes vereinbart worden ist (s. hierzu die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts, https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/versetzung-ins-ausland/).

Arbeitszeiterfassung – Bundesarbeitsgericht, 13.09.2022 – Az.: 1 ABR 22/21

Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen und vorzuhalten, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann (s. hierzu die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts, https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/einfuehrung-elektronischer-zeiterfassung-initiativrecht-des-betriebsrats/). Was das konkret für Arbeitgeber bedeutet, beschreibt das BAG in der Begründung seiner Entscheidung (s. Rn. 65, https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/1-abr-22-21/) in der Weise, dass für den Arbeitgeber ein Spielraum bestehe, in dessen Rahmen u. a. die „Form“ des Zeiterfassungssystems festzulegen sei: Das Zeiterfassungssystem müsse nicht zwingend elektronisch sein, auch Aufzeichnungen in Papierform könnten genügen und die Aufzeichnung der betreffenden Zeiten als solche könnte auch an die Arbeitnehmer delegiert werden. Allerdings sei zu beachten, dass die Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeit Zielsetzungen darstellen, die keinen rein wirtschaftlichen Überlegungen untergeordnet werden dürften. Weitere Einzelheiten sind noch offen, z. B. ob auch Pausenzeiten erfasst werden müssen oder ob auch leitende Angestellte ihre Arbeitszeiten erfassen müssen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales plant derzeit, im ersten Quartal 2023 einen Vorschlag für die Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung im Arbeitszeitgesetz zu machen (s. https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Arbeitsrecht/Arbeitnehmerrechte/Arbeitszeitschutz/Fragen-und-Antworten/faq-arbeitszeiterfassung.html). Bis dahin sollten Arbeitgeber, welche die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter bislang nicht erfassen, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter mit dem unter Berücksichtigung der jeweiligen betrieblichen Gegebenheiten geringstmöglichen Aufwand aufzeichnen (z. B. über Excel- oder Papier-Listen, welche die Arbeitnehmer ausfüllen), um dann nach der Änderung des Arbeitszeitgesetzes ein Zeiterfassungssystem zu etablieren, welches die gesetzlichen Anforderungen erfüllt.